In einem der vergangenen Artikel haben wir besprochen, welche Fragen Investoren bei Gesprächen mit Gründern häufig stellen – und welche Hausaufgaben die Gründer deshalb gemacht haben sollten. Diese Woche drehen wir den Spieß um. Wir sprechen über wichtige Fragen, die das Gründerteam den potentiellen Investoren stellen sollte.
Dabei versäumen es die meisten Gründer leider, ihren Gesprächspartnern bei VCs, Business Angels und Co. kritische Fragen zu stellen. Das ist schade, denn potentielle Anleger schätzen es, wenn sie das Gefühl bekommen, dass die Gründer mit Bedacht vorgehen und die Anleger nicht nur als wandernde Brieftasche betrachten.
Außerdem können Gründer, wenn sie die richtigen Fragen stellen, die Aufmerksamkeit hochhalten, Interesse wecken und vermeiden, dass sie später von Investoren nur ein vages „vielleicht“ entgegnet bekommen. Wenn man jedoch kritische Fragen stellt und auf klare Antworten drängt, kann man letztlich vermeiden, Zeit mit Investoren zu vergeuden, die letztlich nicht wirklich investieren wollen. Welche elf wichtige Fragen das sein könnten – darauf gehen wir in diesem Artikel ein.
1. Wenn Sie in mein Unternehmen investieren, was wären die nächsten Schritte?
Das erste Treffen mit Investoren sollte niemals enden, ohne dass du diese Frage gestellt hast. Sei gerne direkt und sei nicht schüchtern. Stelle diese Frage, bevor das Meeting beendet ist, egal ob du oder ihr einen Business Angel oder einen VC trefft. Jeder Investor wird bereits am Ende des ersten Treffens einen grundsätzlichen Entschluss fassen.
Investoren werden sich allerdings noch nicht konkret entscheiden zu investieren, das passiert fast nie oder zumindest sehr selten im ersten Gespräch. Höchstwahrscheinlich wird der Investor jedoch darüber entscheiden, ob er das Projekt weiterverfolgen will oder nicht. Einige Investoren werden das Gespräch fortsetzen wollen – was grundsätzlich in Ordnung ist, aber für dich natürlich mehr Zeitaufwand bedeutet.
Indem du diese einfache und direkte Frage stellst, wirst du genau erfahren, wo du stehst. Wenn der Investor das Gespräch fortsetzen möchte, frage nach den nächsten Schritten, frage ggfls. nach einem konkreten Folgetermin, der direkt im Gespräch vereinbart wird.
Wenn der Investor zum Beispiel sagt „Halten Sie mich auf dem Laufenden“, oder „Ich bin die nächsten Wochen auf Reisen“ oder „Ich habe viele Dinge, an denen ich arbeite“ – kann das als ein sanftes „Nein“ oder als ein bestimmtes „Nicht Jetzt“ interpretiert werden. Allerdings gibt es wenig Gründe für den Investor, direkt abzulehnen, denn so hält er sich seine Möglichkeiten offen. Das Gründerteam lässt er somit allerdings im Ungewissen. Darum: Frage direkt nach einem Folgetermin, wenn der Investor für dich interessant ist und du dir ein weiteres Gespräch vorstellen kannst.
2. Wie läuft die Due Diligence bzw. der Investment-Prozess ab – und wie lange dauert das?
Wenn der Investor an nächsten Schritten interessiert ist, solltest du nach dem gesamten Investment-Prozess fragen. Der Prozess wird je nach Art des Investors sehr unterschiedlich sein und unterscheidet sich je nach Investoren-Typ.
- Beginnen wir mit einem einzelnen Business Angel. Am wahrscheinlichsten wird der Prozess 2-3 Sitzungen umfassen und es werden ein paar Rückrufe zwecks weiterer Informationen kommen. Abhängig von der Höhe des Investments um vom Stadium des Prüfprozesses ist der Ablauf somit ziemlich simpel. Es ist auch in Ordnung, den Investor am Ende des zweiten Treffens zu bitten, sich konkreter dazu zu äußern, wie es mit einem Investment aussieht.
- Manche Business Angel investieren gern mit anderen zusammen und bilden sogenannte Angel Groups. Das verlängert den Prozess in der Regel, da mehr Investoren (=Menschen) involviert sind. Und das bedeutet weitere Pitchings und mehr Koordination zwischen den Beteiligten. Frage nach, wie lange der Prozess dauern wird und um welche Investitions-Größe es insgesamt geht. Werde bei Bedarf auch proaktiv und versuche, den Prozess zu koordinieren – es wird auch hier geschätzt, wenn die Investoren erkennen, dass dir die ganze Sache wichtig ist. Und es ist ein Signal, wie die zukünftige Zusammenarbeit aussehen würde, wenn es denn zu einem Investment käme.Es kommt allerdings auch vor, dass Business Angels und deren Partner einen klaren Anlageprozess haben, der allerdings zeitaufwendiger ist und mehrere Sitzungen und Due-Diligence-Phasen beinhaltet. Oft werden Business Angels mit formalen Strukturen die Aufgaben bei der Prüfung von Deals untereinander verteilen und die Ergebnisse anschließend im Investment Kommitee besprechen. Das bedeutet, dass du auch die anderen Business Angels ein paar Mal treffen wirst und – wenn alles gut geht – dein Startup anschließend dem gesamten Investment Kommittee präsentieren kannst. Hier wird dann entschieden, ob es in die nächste Runde geht.
- Der Prozess ist bei Mikro-VC- und VC-Unternehmen etwas anders, was unter anderem daran liegt, dass hier Unternehmen – und keine Privatpersonen – in ein Startup investiert (auf wichtige Eigenheiten von Venture-Capital-Unternehmen sind wir in diesem Artikel eingegangen). Im Allgemeinen werden 3-4 Sitzungen abgehalten, um zu einer positiven Entscheidung zu gelangen. Die beteiligten Unternehmen treffen sich regelmäßig, um den Deal Flow der unterschiedlichen Projekte zu bewerten. Wenn du hörst, dass dein Projekt diese Woche während des Partnertreffens angesprochen wird, ist das im Allgemeinen sehr positiv zu bewerten. Seien aber auch auf ein schnelles „Nein“ nach dem Meeting vorbereitet. Wie immer zahlt es sich hier natürlich aus, genügend alternative Investoren auf deiner Liste zu haben.Wenn der VC ernsthaftes Interesse zeigt, solltest du im Verlauf des Prozesses immer mehr Partner im Unternehmen treffen. Bei größeren Prüfungen wirst du schließlich eingeladen, dich bzw. euch bei einem Partnertreffen zu präsentieren. Das ist das Treffen, an dessen Ende das entscheidende „Ja“ stehen kann.
3. Wie hoch ist das potentielle Investment?
Die Frage über die potentielle Höhe des Investments gehört zu den wichtigsten Punkten. Du möchtest schon frühzeitig wissen, mit welchem Betrag du grundsätzlich rechnen kannst. Die Kenntnis über die potentielle Investitionssumme hilft dabei, die Dauer des Prüfprozesses einzuschätzen und um abzuschätzen, welche Vorbereitungen für die Pitchings getroffen und welcher zeitlicher Aufwand eingeplant werden sollte. Wenn zum Beispiel eine Million Euro benötigt werden, kannst du nicht viel Zeit mit Investoren verbringen, die 100.000 Euro investieren wollen.
Es ist allerdings eine sehr gute Strategie, erst einmal mit einer Kapitalrunde für kleinere Investments zu beginnen, um sich dann jedoch baldmöglichst – sobald das Startup weitere Traktion oder Umsätze generiert hat – auf Investoren zu konzentrieren, die höhere Investments platzieren können.
Oftmals werden Investoren Investment-Ranges, also eine grobe Investment-Spanne, nennen. Ein Business Angel sagt zum Beispiel, er könnte 25.000 Euro bis 250.000 Euro investieren. Oder ein Venture-Capital-Fonds gibt an, er könne grundsätzlich zwischen 500.000 Euro und 5.000.000 Euro investieren. Solche Ranges sind allgemein wenig aussagekräftig. Es fehlt an Klarheit, über welche Summen gesprochen wird. Möglicherweise steht auch eine versteckte Nachricht oder ein komplexer Vorgang dahinter. Beispielsweise könnte ein Business Angel, der behauptet, er könne sich mit 25.000 Euro bis 250.000 Euro engagieren, eigentlich meinen, dass er selbst nur 25.000 Euro einbringen kann und den Rest syndizieren, also über Co-Investoren abdecken will.
Ähnlich könnte es aussehen, wenn ein Venture-Capital-Unternehmen eine solche Range benennt. Das könnte zum Beispiel bedeuten, dass normalerweise keine Seed-Runden eingegangen werden. Vielleicht findest du heraus, dass von diesem VC tatsächlich mal ein Investment-Ticket über 500.000 Euro platziert wurde, welches jedoch an einen Seriengründer ging, den der VC schon persönlich kannte – tatsächlich liegt das Investitions-Minimum des VCs allerdings bei 2.000.000 Euro. Wenn du nur 1.000.000 Euro einsammeln willst, würdest du mit der Investment-Range-Angabe des VCs „500.000 Euro bis 5.000.000 Euro“ übersehen, dass der betreffende VC momentan nicht der richtige Investor für dein Startup ist. Daher: Versäume es nicht, frühzeitig zu fragen, ob die von dir gesuchte Kapitalsumme auch tatsächlich platziert werden kann.
4. Wie viele Investitionen planen Sie in diesem Jahr?
Solltest du jedoch verpassen, konkret nachzufragen, ob noch Investitionen geplant sind, könntest du dich in einem zeitaufwendigen Meeting-Marathon mit Investoren verrennen, die dich und dein Startup lediglich für einen sehr viel späteren Investitions-Zeitpunkt warm halten möchten.
Für Gründer ist es oftmals überraschend, dass es Investoren gibt, bei denen sich herausstellt, dass sie derzeit gar nicht investieren wollen. Noch erstaunlicher ist es dann, dass sie möglicherweise trotzdem laufende Meetings abhalten, um mehr über Ihr Unternehmen zu erfahren. Das könnte im Falle eines Business Angels bedeuten, dass dieser aktuell gar kein Geld zur Verfügung hat, also nicht liquide ist. Im Falle eines Venture-Capital-Unternehmens könnte es sein, dass der Fonds fünf Investitionen im Jahr geplant hat und bereits fünf Investments platziert wurden.
Die Anzahl der Investitionen pro Jahr wird als Pacing bezeichnet, und disziplinierte Investoren achten sehr genau darauf, dass sie das ganze Jahr über kontinuierlich investieren. Zum Beispiel: Wenn ein VC ein Seed-Programm hat und zehn Deals pro Jahr finanziert werden, aber alle zehn Deals bereits finanziert sind, wird es keine weiteren Beteiligungen in diesem Jahr mehr geben. Mit einer solchen Information gehen die Chancen, von dieser Firma finanziert zu werden, gegen Null. Solltest du jedoch verpassen, konkret nachzufragen, ob noch Investitionen geplant sind, könntest du dich in einem zeitaufwendigen Meeting-Marathon mit Investoren verrennen, die dich und dein Startup für einen sehr viel späteren Investitionszeitpunkt warm halten möchten.
Ein anderes, noch subtileres Problem mit einem VC ist das Budget. Einige Partner könnten aktuell einfach keinen Finanzierungsrahmen mehr haben, um weitere Investitionen zu tätigen. Nicht selten treffen sie sich aber auch in diesem Fall mit Gründern. Sie wollen sich gegebenenfalls bereits im Voraus Investitionen sichern, um Zeit zu sparen. Das ist auch in Ordnung so – aber bringe diese Tatsache für dich in Erfahrung und entscheide dann für dich selbst, wie es weitergeht.
5. Welche Personen sind an der Entscheidung beteiligt?
Einige Business Angels sagen dir, dass sie mit Freunden zusammen investieren. Dies kann sowohl eine gute als auch eine schlechte Nachricht sein. Das Gute ist, dass mehr Kapital zur Verfügung stünde, wenn Sie Erfolg haben. Die Schlechte ist, dass die Entscheidung auf mehrere Personen verteilt wird. Achte darauf, jeden zu treffen, der an einer Entscheidung beteiligt ist – und sei offen, auch genau hiernach zu fragen. Nehme die Treffen immer persönlich wahr und lass dich nicht durch andere Personen in deinem Namen präsentieren. Am Ende hat das einfach mit Wertschätzung zu tun.
Im Falle von Venture-Capital-Unternehmen ist es auch hier wieder wichtig, den Entscheidungsprozess zu verstehen. In den meisten VC-Unternehmen können einzelne Mitarbeiter keine Entscheidung treffen, ohne vorher einen Partner zu involvieren. Die Fragen sind also: Welche Partner treffen die Entscheidung? Kannst du Sie treffen? Auch bei Business Angels, die miteinander kooperieren, ist es wichtig, dass du dich mit allen Entscheidungsträger triffst.
Das war Teil 1 unserer Artikelserie „11 Fragen, die Gründer potentiellen Investoren stellen sollten“. Gibt es konkrete Fragen, die du persönlich Investoren stellst? Schreib es in die Kommentare. In der nächsten Woche erscheint Teil 2 mit weiteren sechs guten Fragen an potentielle Investoren.